Zum Vortrag:
Schrift und Tradition gelten der christlichen Theologie als zentrale Bezeugungsinstanzen. Allerdings ist in jedes Bezeugen eine Distanz eingetragen, insofern es auf ein Geschehen verweist, das bezeugt wird. Dass selbst eine Heilige Schrift nur unter materiellen Bedingungen geschrieben werden kann, verweist ebenfalls auf eine Distanz(-ierung). Schließlich sind weder diese Schrift noch die sie generierende Tradition ohne Interpretation zugänglich. Hermeneutik ist die hohe Kunst eines vielschichtigen Über-Setzens, das (scheinbar) Bekanntes mit Fremdem zu vermitteln sucht. Darf das eine nicht im Anderen aufgehen, so bleibt eine heilsame Distanz.
Distanz ist auch jener Spalt (crack), von dem Leonard Cohen meint, dass er die Möglichkeit dafür ist, dass und wie Licht ‚hereinfallen‘ kann. An Schrift und Tradition kann sich die Theologie vergewissern, dass dieser Spalt offen bleibt.
Der Vortrag von Dr. Andreas Telser fand am Dienstag, dem 13. Dezember 2022, von 11:45-13:15 Uhr im HS 47.02 statt!
Zur Person:
Dr. Andreas Telser war bis 2021 Assistenzprofessor am Institut für Fundamentaltheologie und Dogmatik der Katholischen Privat-Universität Linz. Derzeit ist er Freelance-Theologe und in mehreren Projekten tätig. Er ist Autor der preisgekrönten Arbeit „Theologie als öffentlicher Diskurs. Zur Relevanz der Systematischen Theologie David Tracys“.